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Der Patriarch em. Gregorios III. ruft zur Solidarität mit Syrien auf

In Syrien herrscht seit einem Jahrzehnt Krieg. Trotzdem haben es die Jihadisten und die Takfiri-Extremisten nicht geschafft, das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Gemeinschaften zu zerstören. «Es ist der Reichtum von Syrien», betonte der melkitische Patriarch em. Gregorios III. Laham am 16. Mai 2021 in Einsiedeln. «Doch das syrische Volk wird weiterhin durch internationale Sanktionen drangsaliert.»

Jacques Berset für «Kirche in Not (ACN)»

Der syrische, 88-jährige Prälat war der Ehrengast der traditionellen Wallfahrt der Schweizer Sektion von «Kirche in Not (ACN)» in Einsiedeln. Beim Gottesdienst waren dieses Jahr aufgrund der Schutzmassnahmen zu Covid-19 nur 50 Personen erlaubt. Gregorios III. Laham bedankte sich dafür, dass das katholische Hilfswerk das syrische Volk unterstützt. Seit Beginn des Krieges in Syrien hat «Kirche in Not (ACN)» finanzielle Unterstützung in der Höhe von CHF 45 Millionen im ganzen Land bereitgestellt. In Einsiedeln stellte das Hilfswerk unter anderem seine Unterstützung für ein Projekt der Jesuiten vor: Es hilft 800 Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 18 Jahren sowie 150 Studierenden. Koordiniert wird es durch den Jesuitenpater Vincent de Beaucoudrayn in der syrischen Stadt Homs. 

Die schädlichen Auswirkungen des amerikanischen Gesetzes 'Caesar Act'
Gregorios III. Laham wird zwischen dem 17. und dem 23. Mai in verschiedenen Kirchgemeinden im Wallis von der schwierigen Realität in Syrien erzählen. Er lebt die meiste Zeit in Salhieh im Süd-Libanon. Und zwar in der Nähe des Sozialzentrums Foyer de la Providence, das er im Jahr 1966 gegründet hat. Mehrmals im Jahr reist er nach Syrien, hauptsächlich um das Spital zu besuchen, das er in Khabab errichten liess. Es befindet sich auf halbem Weg zwischen Damaskus und Deraa, an der Grenze zu Jordanien. Das Spital versorgt rund dreissig Dörfer. Leider habe sich die Embargosituation weiter verschlimmert, beschreibt Gregorios III. «Kirche in Not (ACN)» in einem Interview. Denn am 17. Juni 2020 sind neue Sanktionen gegen Syrien und ausländische Unternehmen, die mit Syrien Handel betreiben, in Kraft getreten. Das Gesetz, das die USA erlassen haben, heisst 'Caesar Act' (Caesar Syria Civilian Protection Act). «Meine deutschen Freunde sagen mir, dass sie mir deshalb zurzeit nicht das nötige medizinische Material für meinen Spital liefern können», erzählt der ehemalige Patriarch von Antiochien, dem ganzen Orient, von Alexandrien und Jerusalem.
Gregorios III. Laham betont: Heute leben 85 Prozent der Regionen Syriens in Frieden. «Die islamischen Fundamentalisten, die durch Länder wie Katar oder die Türkei, aber auch durch westliche Mächte unterstützt werden, wollten nicht nur Häuser und die Infrastruktur zerstören, sondern auch das friedliche Zusammenleben von Christen und Muslimen. Indem sie die Kirchen und die christlichen Institutionen angegriffen haben und Hass zwischen den Gemeinschaften geschürt haben, wollten sie unser Zusammenleben beeinträchtigen. Aber trotz der Brutalität des Krieges haben sie ihr Ziel nicht erreicht. Der Staat hat es geschafft, das friedliche Zusammenleben zu erhalten, und die Mehrheit der Menschen, die für den Islamismus gewonnen wurden, zurückzugewinnen. Er hat ein Ministerium für Versöhnung eingerichtet. Es richtet sich an alle, die auf der Seite der Jihadisten waren und kein Blut an den Händen haben. Es funktioniert gut.»

«Ein Pater für alle, ohne Unterschiede»
Der emeritierte Patriarch wehrt sich dagegen, ein Anhänger von Präsident Baschar al-Assad zu sein. Aber er sagt, dass er darunter leide, dass Syrien im Westen so stark verunglimpft werde. «Alle reden immer vom Regime. Aber ich bin ein Bürger des Staates Syrien. Wir müssen alles daran setzen, dass der Staat auf der Seite des Volks ist und die Bedürfnisse erfüllt. Ich engagiere mich für die syrische Bevölkerung. Hauptsächlich mit Gebeten. In den Kirchen habe ich eine spirituelle Bewegung geschaffen, bei der auch Muslime mitmachen. Ich möchte ein Pater für alle sein, ohne Unterschiede.»  
Gemäss Gregorios III. Laham ist Syrien das Land unter den muslimischen Ländern, das die beste Lage für Christen bietet. Denn in der syrischen Regierung finden sich auch christliche Minister. Im Libanon prägt der Konfessionalismus die Gesellschaft. In Syrien ist dies nicht der Fall, denn der Staat ist laizistisch. Nur der Präsident muss ein Muslim sein. «Abgesehen davon sind die Syrer und die Syrerinnen für den Staat vor allem Bürger bzw. Bürgerinnen. Sie werden nicht danach behandelt, zu welcher Gemeinschaft sie gehören. Christen sind keine Beschützten oder Dhimmis wie in vielen muslimischen Ländern. Sie sind Bürgerinnen und Bürger wie alle anderen. Dies ist die Ausrichtung des Staates, aber auch der Zivilbevölkerung. In Syrien findet man die aufgeschlossensten Muslime!»